
Wer entscheidet wirklich?
Als Frischling in der Motorradwelt ist man schnell verwirrt und leicht zu verwirren. Welches ist das richtige Motorrad? Welcher Helm soll es – für den Anfang – sein? Goretex oder Leder? Originalzubehör oder doch die günstigere Variante vom No-Name-Hersteller? Fragt man hier mehrere Leute bekommt man auch mindestens genau so viele Meinungen. Und nicht nur das: mich beschleicht auch seit einer Weile das Gefühl, dass es kaum ein anderes Hobby gibt bei dem so viele Ideologien aufeinander prallen.
Biker sind zwar auf 2 Rädern unterwegs – aber das war es dann scheinbar auch schon an Gemeinsamkeiten. Denn was zwischen diese beiden Rädern und den eigenen Allerwertesten kommt, ist hier mehr als der kleine feine Unterschied. Als Coach kenne ich mich mit Glaubenssätzen und ihrer (Aus-)Wirkung recht gut aus. Aber auf was für teilweise bombenfest gefahrene Meinungen ich in meinem sicherlich noch nicht großen Bikerumfeld manchmal treffe, lässt selbst mich staunen.
Gerade als Anfänger hat man viele Fragen. Man schnappt hier was auf, liest da was. Der eine hat die Erfahrung gemacht, der andere jene. Hier sieht man schnell den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Und dann auf Ideologien und (Vor-?)Urteile zu treffen oder vielmehr zu prallen, ist meist wenig hilfreich. Denn die Frage, welches denn nun das richtige Bike ist, bleibt. Gerade als Anfänger hat man nun einmal noch nicht so viel Erfahrung, dass man das allein durch Probefahren herausfindet.
Stressfaktor Entscheidung
Hier kommt aber noch eine weitere Schwierigkeit hinzu: gehört das Treffen von Entscheidungen auch im „normalen“ Leben nicht gerade zu den eigenen Stärken, kann die Bikefrage schnell zur scheinbar unlösbaren Aufgabe werden. Denn Fakt ist: Irgendwann muss man unter irgendeinen Kaufvertrag die Unterschrift setzen um losfahren zu können. Und sich hier nicht entscheiden zu können, bedeutet dann irgendwann Stress.
Und zwar nicht nur Stress mit dem z. B. auch bikenden Partner der endlich vom Hof will. Vielmehr ist es der eigene innere Stress, sind es die vielen kreuz und quer schießenden Gedanken, die nerven und Energie kosten. Im Kopf die immer gleiche Frage(n) immer wieder und wieder durchzukauen, kostet Kraft und Nerven.
Warum aber kommt man scheinbar aus dem gedanklichen Hamsterrad nicht raus? Warum sitzt man dann – vielleicht dem Partner zuliebe – auf einem Motorrad mit dem man nicht zurecht kommt oder das einem nicht wirklich gefällt und ärgert sich? Vielleicht über den Partner, aber auf jeden Fall über sich selber?
Die Antwort auf diese Frage ist so einfach wie sie gleichzeitig kompliziert ist: weil wir unsere Kriterien nicht kennen und wir daher nicht wissen, woran wir sie erkennen würden. Je nachdem wie wir als Kinder die Welt entdecken konnten, haben wir mehr oder weniger Kriterien entwickeln können. Hatten wir Eltern, die uns dabei mit Vertrauen begleitet haben, fällt es uns heute leicht(er) eine Entscheidung zu treffen. War unser Erkunden aber eher von Kontrolle und Regeln bestimmt, konnten wir diese Kriterien nicht frei entwickeln und waren auf äußere Anweisungen angewiesen. Und da gelernt nun einmal gelernt ist, meinen wir auch heute noch von diesen äußeren Anweisungen abhängig zu sein.
Gedankenmuster ändern
Die gute Nachricht: das ist ein altes kindliches (nicht kindisches!) Gedankenmuster. Und das kann man ändern. Nicht von heute auf morgen, aber mit Achtsamkeit und dem Mut hinzuschauen keine unlösbare Aufgabe.
Hier ein paar Fragen die helfen aus diesem Muster rauszukommen:
- Wenn ich ganz alleine für mich entscheiden würde und auch Geld keine Rolle spielen würde, welches Motorrad würde ich mir dann kaufen? Und warum genau das?
- Was passiert innerlich, wenn ich mir mein Traumbike so vorstelle? Welcher Körperteil reagiert am meisten? Und wie?
- Welche Befürchtungen habe ich, wenn ich mich für dieses Motorrad entscheide? (Hier geht es sowohl um innere als auch um äußere Befürchtungen, wie z. B. das Bike ist zu groß, mein Partner wäre dagegen, was sollen die Freunde/Nachbarn denken etc.)
- Woran würde ich erkennen, dass meine Entscheidung richtig ist? Wie würde sie sich anfühlen? Was für Gedanken wären da oder eben auch nicht? Hätte ich innere Bilder dazu? Oder einen bestimmten Geruch oder ein Geräusch?
Stell Dir grundsätzlich vor, Du würdest durch eine große Motorradausstellung gehen und bei jedem Bike einen Moment stehen bleiben. Wie würdest Du herausfinden, ob das Bike das Potential hat Dein Bike zu werden? Würdest Du Dich draufsetzen? Es nur anfassen? Erst einmal die technischen Daten checken? Hier gibt es kein richtig und kein falsch. Und auch wenn recht schnell eine Stimme im Kopf versuchen wird Dir dieses Bike madig zu machen, bleib einfach neugierig und offen. Mit dem Ziel vor Augen, auf DEINEM Bike durch die Kurven zu sausen.
Text: Karin Intveen



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