
Tina Meier: Rallyefahren ist für mich eine Belohnung
Tangotanzen ist ein wunderbares Training
Du warst zwar nie bei der ‚alten’ Dakar dabei, aber wie ist die allgemeine Stimmung im Fahrerlager? Ist die Rallye noch so hart wie früher?
Es gibt schon Unterschiede. Die Etappen technisch schwieriger, fahrerisch anspruchsvoll und motorradmordend. Auf den vielen steinigen Abschnitten geht alles kaputt. Leichter ist die Dakar in Südamerika zu Beispiel dadurch, dass die Verbindungsetappen asphaltiert sind, das bedeutet, dass die Servicefahrzeuge immer schon im Biwak sind, wenn die Fahrer- und Fahrerinnen ankommen. Das war in Afrika nicht der Fall. Außerdem gibt es keine Marathonetappen mehr. Außerdem ist es für den Kopf einfacher, weil die Strecken nicht wie in Afrika am Arsch der Welt liegen, sondern durch dichter besiedelte Gegenden verlaufen. Du siehst zwar nicht unbedingt die Dörfer, aber du weißt, dass in einer Entfernung von zehn Kilometern die nächste Ortschaft kommt.
Jedes Jahr gibt es Tote unter der Bevölkerung. Wie stehst du zu dieser Kritik an der Rallye?
Für mich sind das ganz normale Unfälle, die im Straßenverkehr auch passieren. Der Argentinier Eduardo Amor ist am 13. Januar mit seinem Rennwagen in einen Kleinlaster geprallt. Der 42-Jährige Fahrer des Lasters ist dabei ums Leben gekommen. In Deutschland sind die Schlagzeilen viel größer als in Argentinien, wo die Unfälle passieren.
Ein argentinischer Umweltverband hat Anklage erhoben gegen alle Fahrer und Fahrerinnen, sie hätten auf einer Verbindungsetappe die Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten.
Dazu kann ich nur sagen, dass die Speedkontrollen über unser GPS gesteuert und kontrolliert werden. Wer die Geschwindigkeits-beschränkungen nicht beachtet, bekommt hinterher Zeit- und Geldstrafen, deshalb halten wir uns eigentlich daran. Wir fahren auch an vielen archäologischen Ausgrabungsstätten vorbei, die mit Fähnchen gekennzeichnet sind und 98 Prozent der Fahrer achtet auf die Absperrungen.
Du hast keine Angst, dass dir ein Unfall mit der Bevölkerung passiert?
Die gefährlichsten Situationen entstehen beim Ankommen im Biwak oder beim Einfahren in eine Stadt, wenn die Zuschauer dich abklatschen. Das ist zwar verständlich, dass sie ihre Helden anfassen wollen, doch ich habe immer ein mulmiges Gefühl. Ich komme bei der hohen Sherco nun einmal nur mit den Zehenspitzen auf den Boden und die Gefahr, dass ich im Trubel umfalle und zwei Leute unter meinem Motorrad begrabe, ist einfach groß. Einmal ist mir einer auf den Sozius gesprungen. Das sind wirklich gefährliche Situationen.
Und zum Schluss: Wie erholst du dich von den Strapazen? Nicht nur das Rallyefahren ist anstrengend, sondern auch die ganze Vorbereitung erfordert viel Aufwand und Energie.
Das Rallyefahren ist für mich sogar die Belohnung, die ich für den ganzen Aufwand bekomme. Aber um auf dem Weg dahin von dem Dauerfeuer runter zu kommen, von dem Organisieren und ‚Ja-Nichts-Vergessen’, gehe ich Tangotanzen. Dabei musst du vollkommen konzentriert sein, sonst kommst du nicht in den Flow. Dann aber verschwindet alles andere. Und Tangotanzen ist ein wunderbares Training für das Geländefahren. Du weißt nie genau, was dein Partner macht und musst blitzschnell auf ihn reagieren, sonst kommt ihr aus dem Takt. Das ist mit einem Motorrad nicht anders.
Wir danken für das Gespräch.
Das Interview führte Karin Schickinger.
Fotos: Tina Meier, maindru, dppi, D. Kindermann


