
Sportlich-ehrgeiziger Energiestrahl in der Magdeburger Motorrad-Helmwelt
Die Zweiradbranche gilt als Männerdomäne – doch auch immer mehr Frauen sind hier beruflich unterwegs. Fembike stellt in Kooperation mit »bike und business« solche Powerfrauen vor. Folge drei: Nicole Prell, Bereichsleiterin Vertrieb/Marketing bei der Schuberth GmbH.
Wer in diese stahlblau leuchtenden Augen blickt, spürt pure Energie, Neugierde, Leidenschaft für das Leben, für den Job und ehrliches Interesse für die Anliegen des menschlichen Gegenübers. Bereits beim ersten kraftvollen Händeschütteln in der Magdeburger Schuberth-Zentrale füllt Nicole Prell den Meetingraum mit positivem Spirit. Ihr fröhliches Lächeln ist ansteckend, schafft sofort eine angenehme Gesprächsatmosphäre.
So oder so ähnlich muss es auch Marcel Lejeune beim Einstellungsgespräch mit ihr gegangen sein. Vor zwei Jahren nämlich suchte der belgische CEO der Schuberth GmbH Mitarbeiter mit Charisma für eine Key-Account-Stelle im Motorradbereich der renommierten deutschen Helm-Marke. Er fand eine Frau. Und was für eine: Nicole Prell. Schon der Name klingt dynamisch. Die Chemie stimmt von Anfang an, der Helm-Boss traut der Branchenquereinsteigerin viel zu und lässt ihr großzügig Frei- und Gestaltungsraum für eigenständige wirtschaftliche Entscheidungen sowie das Einbringen ihrer Persönlichkeit. Neun Monate später hat sie sich die Gebietsleitung Vertrieb/Marketing erobert.
Power zieht die dritte „Powerfrau der Branche“ unserer Serie zweifelsohne aus ihrem überaus erfolgreichen Sportlerleben. Die drahtige Geschäftsfrau kam 1969 in Regensburg zur Welt und wuchs zusammen mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester in der Oberpfalz auf. Skilaufen zählte früh zu ihren leidenschaftlichen Hobbys. Bereits zwei Jahre vor ihrem Abitur 1988 fuhr sie professionell Skirennen und war bis 1995 Mitglied der Deutschen Ski-Nationalmannschaft. In München studierte die Brettlfanatikerin Sportwissenschaften. Später ergänzte sie ihre akademischen Würden berufsbegleitend mit dem Master of Business Administration in Koblenz/Remagen. Von 1995 bis 2000 fasste Nicole Prell Fuß in der professionellen Sporttherapie und arbeitete für so bekannte Einrichtungen wie die Eden Reha-Klinik in Donaustauf, die Tennisprofis wie Boris Becker oder Kickern der deutschen Fußballnationalmannschaft wieder auf die Beine hilft.
Sie machte Nordic Walking populär
Kurz nach der Jahrtausendwende wechselte sie in die Sportartikelindustrie zum finnischen Skistockhersteller Exel, der sie als Consultant engagierte. Dabei kam ihr ihre Kombinationsfähigkeit zugute, die sie aus dem Sport kennt. Es geht um die Leistungsanforderungen an ein Produkt – wie erklärt man es dem Kunden, wie münzt man wirtschaftliche Vorgaben in Erfolg um? Als der Finne Marko Kantaneva das Nordic Walking erfand und zehntausende nicht verkaufte Skistöcke, die nutz- und wertlos im Lager ihr ökonomisch unnützes Dasein fristeten, einer neuen Bestimmung zuführte, sprang auch Nicole Prell auf den Zug auf. Sie traf Kantaneva in Finnland und führte mit einigen deutschen Kollegen das Nordic Walking in Deutschland ein. Nicole Prell schrieb drei Bücher über das Thema, bildete 1.500 Trainer und über 3.000 Basic-Instruktoren aus, drehte Filme und schaffte es sogar bis zum Posten der Präsidentin der Internationalen Nordic Fitness Organisation (Info).
Prell, die sehr gut englisch und französisch spricht, ist bis heute hervorragend vernetzt; ein Pfund, das sie glänzend auch für ihr aktuelles Business einsetzt, sind doch die USA für Schuberth ein wichtiger Markt mit eigener Dependance. Nach dem Abschluss ihres „nordischen“ Kapitels erprobte Nicole Prell vor dem Jobwechsel nach Magdeburg noch ihre Fähigkeiten als Personal- und Unternehmensberaterin, referierte auf hochkarätigen Kongressen an der Deutschen Sporthochschule. Dadurch feilte sie exzellent an ihrem feinen Management-Instrumentarium. Die Marketingchefin von Schuberth ist eine Macherin, ein sportlich-ehrgeiziger Energiestrahl mit ehrlich und fleißig erworbenen Kenntnissen aus der Welt von Handel und Industrie.
Der Wertekanon der Managerin
„Der respektvolle Umgang mit Kollegen und Mitarbeitern ist mir wichtig“, sagt die Powerfrau. „Wer Mitarbeiter führt, sollte sich selbst nicht allzu wichtig nehmen.“ Nur wer seinen Beruf mit Freude mache, mache ihn richtig. „Alles andere ist verlorene Lebenszeit“, meint Nicole Prell. 2012 hat sie trotz der Managerkrankheit „Zeitknappheit“ endlich den Motorradführerschein gemacht. Als Sechzehnjährige fuhr sie bereits Honda MTX und „schoss mit den Jungs in der Kiesgrube“ herum. Damals habe sie sich aufgrund ihres Draufgängertums aus „Sicherheitsgründen“ entschieden, erst einmal nur Auto zu fahren. Auf ihrer gebrauchten Honda Vigor 650, die sie mit dem Etikett „echtes Frauen-Motorrad“ versieht, ist sie gerne gemütlich unterwegs. Auf dem Asphalt ist sie im Gegensatz zur Skipiste kein „Speedfreak“. Als aktuelle Traumbikes nennt sie Triumph Street Triple und BMW R1200 GS. Viele Motorradhändler kennt Nicole Prell heute persönlich und geht ab und an mit ihnen gemeinsam auf Tour.
Derzeit lebt sie in Kempten und pendelt zwischen Allgäu (wo ihr Lebensgefährte aus der Schweiz eingeflogen kommt) und Magdeburger Börde (Büro) hin und her (640 Kilometer einfache Strecke!). In der Freizeit fährt sie Rad (zum Beispiel 539 Meilen in sieben Tagen „Ride the Rockies“), arbeitet an ihrem Golf-Handicap („Played my first hole-in-one“, postet sie auf Facebook im Juli 2010) oder stürzt sich in den Alpen die „schwarzen Pisten“ hinunter. Als Ausgleich für den stressigen Job dient ihr auch das Lesen. Der Krimifan Prell verschlingt „Kluftinger“-Storys im Rekordtempo, gönnt sich aber hin und wieder auch ein paar entschleunigte Stunden im Kino oder in der Oper.
Im Motorradbusiness will die 44-Jährige die „weibliche Komponente“ stärken. Es geht ihr darum, Frauen zu motivieren, Motorrad zu fahren. Sie möchte Händlern zu verstehen geben, dass eine Frau auf dem Motorrad nicht nur als Sozia zu sehen ist. Bei Schuberth hat sie durchgesetzt, dass Helme für Frauen nicht nur an der Farbe festgemacht werden, sondern auf die spezielle weibliche Anatomie zugeschnitten sind. Nicole Prell bringt Farbe ins Spiel – der edel-graue Business-Zweiteiler sitzt wie angegossen. Das bunte Halstuch, das sie trägt, ist so bunt wie ihr Leben.
Text und Fotos: bike and business



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