
Echt und Ehrlich III: Ducati Scrambler
Es gibt kaum ein Motorrad, das den derzeitigen Retro-Trend derart symbolisiert wie die Ducati Scrambler. Der Name stammt von der hauseigenen Ikone aus den wilden 60ern, die Technik ist State of the Art. Ducati nennt diesen Mix aus Tradition und Moderne neuitalienisch Post-Heritage und baut ein Unterlabel daraus und drumherum.
von Karin Schickinger
Der Name ist Scrambler Ducati, nicht Ducati Scrambler. So heißt zumindest die Website. Soll signalisieren: Sie befinden sich nun in einer anderen Welt, der Scrambler-Welt, nicht in der Ducati-Welt. Oder um Mario Alvisi, Branddirektor bei Ducati, zu zitieren: Die Scrambler ist der extrovertierte Sohn der Ducati-Mama.
Und der ist von zuhause ausgezogen.
Zuhause bei Ducati drehen sich die Tischgespräche um Schnelligkeit, Leistung und Aggressivität. Doch das interessiert den Figlio kein Stück. Er hätte es gern unkompliziert und trotzdem stylisch. Ob ihm dabei die immer wieder angesprochenen 'alten Tugenden' des Motorradfahrens in den Sinn kommen, sei einmal dahingestellt. Es muss niemand die Scrambler des letzten Jahrhunderts kennen, um die von heute schön zu finden.
Das Erbe der Ducatisti
Die alte, originale Scrambler ging 1962 erst mal in den USA an den Start. Mit ihrem einzelnen, gerippten Zylinder, der Königswelle für den Nockenwellenantrieb und dem kurzen Endtopf bekam sie schnell Kultstatus. 1968 hatten die Herren von Ducati ein Einsehen und brachten die Scrambler auch auf den europäischen Markt. Sie galt ideale Verschmelzung der amerikanischen mit der europäischen Motorradschule, sagt Ducati und bekam bald den Status der Stilikone. Daran erinnerte man sich vor ein paar Jahren in Bologna. Immer nur Hightech, immer nur Highperformance - damit kam man nicht an neue Zielgruppen heran. Also wurden die jungen Menschen aus der Kreativabteilung zum Museumsbesuch verdonnert.
Sie kristallisierten das Zeitlose aus dem Oldtimer heraus. Hoher Lenker, Tropfentank mit den seitlichen Zierblechen, Stahlgitterrohr, attraktiv geschwungene Krümmer prägen das Bild der neuen Duc. Die Technik entstammt der Neuzeit. Den luftgekühlten Zweizylinder-Motor mit 803 Kubik in Vau-Form spendierte die Monster 796. Er wurde aber für die Scrambler-Reihe in Richtung Sanftmut modifiziert. 75 blubbernde Pferdestärken sind das Ergebnis, was bei knapp 190 Kilogramm Lebendgewicht für den angekündigten Fahrspaß reichen wird. Für die Sicherheit sorgt serienmäßiges ABS. Die Sitzhöhe ist mit 790 Millimetern recht moderat.
Das Scheinwerferglas ist echtes Glas, der Tank ist aus Blech, die Zahnriemenabdeckung aus Aluminium. Gaszug, Tankdeckel und Zündschlüssel erinnern stark an die Ur-Scrambler. Authentisch sagt dazu die PR-Abteilung und macht die 'Echt-und-Ehrlich'-Fraktion unter den Motorradfahrern glücklich. Für die Individualisten gibt es vier verschiedene Outfits vom Werk.
Vier Modelle
Ducati Scrambler Icon
Icon, die preiswerteste Version (ab 8400 Euro), hat Zehn-Speichen-Gussräder, eine einfache schwarze Sitzbank und ist rot (Ducati Red), für 100 Euro mehr auch gelb ('62 Yellow).
Ducati Scrambler Classic
Die Classic darf sich mit Speichenrädern, Metallschutzblechen und brauner Sitzbank in gestepptem Vintage-Look schmücken. Ihre Farbe nennt sich Orange Sunshine (da summt's doch gleich in den Ohren der Schreiberin: „Let the Sunshine in, let the Sunshine in, the Sunshine in“).
Ducati Scrambler Urban Enduro
Das Modell Urban Enduro trägt einen Schutzblechschnabel vorn, Protektoren um die Gabel herum und ein Schutzgitter am Scheinwerferglas. Die Farbe geht – zumindest auf den Fotos – in Richtung tarnfarbenolivgrün (Wild Green).
Ducati Scrambler Full Throttle
Die Full Throttle soll sich an den Flat-Track-Rennmaschinen orientieren. Der Lenker ist niedriger als bei den anderen Scramblers. Die Auspuffanlage liefert Termignoni. Die Sitzbank ist kurz, die Farbe Schwarz (Deep Black) mit einem schnellen gelben Streifen (Classic, Urban Enduro und Full Throttle ab 9750 Euro).
Nur Anregung
Die vier Varianten will Ducati nur als Anregung verstehen, sich ein persönliches Motociclo schaffen. Alle Teile passen an alle Scramblers. Da lässt sich munter mixen: Enduro mit Classic, Classic mit Full Throttle, Full Throttle mit Enduro. Wer's braucht, kriegt Tankseitendeckel im Camouflage-Design.
Dazu passt die Outdoor Stoffjacke, als deren Innenschicht eine herausnehmbare Steppjacke mit diesem Scheckmuster fungiert, die der Scrambler-Fahrer separat tragen kann. Denn um dem Figlio eine wirklich eigene Welt zu schenken, hat die Ducati-Mama ihm noch einen ganzen Schrankkoffer an Klamotten und Utensilien mit auf seinen Weg gegeben. Dazu gehören Helm, Handschuhe und Stiefel, aber auch Hemden, Shirts, Sweater, Weste, Gürtel, Armbanduhr, Feuerzeug (Benzin natürlich), Wasserflasche, Picknickdecke …
Da sind ein paar hübsche Sachen dabei, auch für diejenigen, die es mit der 'modernen Interpretation des guten aus der alten Zeit' nicht so haben. Was allerdings in Damengrößen erhältlich sein wird, erschließt sich aus der Website noch nicht.
Ob die Verkaufszahlen mit dem Medienhype um die neue Ducati Scrambler, pardon, Scrambler Ducati mithalten werden können, wird der Sommer zeigen. Fakt ist aber sicherlich, dass dem italienischen Motorradhersteller mal wieder ein Design-Coup – denken wir an Legenden wie die wunderschöne Sportlerin 916 oder die Monster-Modelle – gelungen ist.



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