
Keine Angst vor Blüten: Motorradfahren und Heuschnupfen
Der Frühling kommt. Schneeglöckchen und Primeln blühen. In der Sonne ist es so warm, dass viele Motorradfahrerinnen leuchtende Augen bekommen und die erste Ausfahrt kaum erwarten können. Des einen Freud, des anderen Leid, denn auch die sogenannten Frühblüher Hasel und Erle zeigen Blütenkätzchen. Viele Allergikerinnen fangen an zu weinen. Und fragen sich: Wie soll das gehen, Motorradfahren und Heuschnupfen?
von Karin Schickinger
Was ist Heuschnupfen?
So ganz genau weiß noch niemand, warum wir Menschen eigentlich Allergien entwickeln. Eine Theorie behauptet, dass das Aufwachsen in Städten ein Grund dafür sei. Dass Kinder, die auf dem Land leben und sich schon mal Dreck in den Mund stopfen, später weniger an Heuschnupfen oder ähnlichen Abwehrreaktionen des Körpers leiden. Weil der Körper sich gegen Angreifer von außen zur Wehr setzen muss und ein quasi 'gesundes' Verhältnis dazu entwickelt. Sich gegen Pollen zu wehren, die einem menschlichen Körper nichts tun, ist eine unangemessene Reaktion. Der Körper kämpft also gegen eine Gefahr, die nicht existiert, weil er nicht gelernt hat, Gefahren richtig einzuschätzen.
Sei's drum, woher Allergien kommen, wer sie hat, muss damit umgehen. Treffen nämlich die Pflanzenpollen auf Nase und Augen, lösen sie die Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen wie Histaminen aus. Folgen sind
- starke Niesattacken, die oft nicht enden wollen
- juckende und verstopfte Nasen mit Fließschnupfen
- juckende, tränende und gerötete Augen
- geschwollene Augenlider
- Juckreiz der Schleimhäute in Mund und Rachen
- allergisches Asthma
- Müdigkeit
- Krankheitsgefühl
Die Allergiesymptome treten auf, sobald Pflanzen blühen und ihre Pollen in die Luft schicken. Bei milden Wintern wie dieses Jahr beginnen Erle und Hasel schon sehr früh mit der Blüte. Im Frühjahr sind dann Wieden und Birken dran, die nahtlos in die Gräser übergehen, die wiederum im Sommer den Pollenstab an die Getreide abgeben. Es folgt die zweite Grasblühte und im Herbst machen die Korbblütlern den Allergikerinnen schwer zu schaffen.
Gefahren durch Heuschnupfen im Straßenverkehr
Seit Jahren warnen die Automobilclubs, dass mit beginnendem Pollenflug die Unfallgefahr im Straßenverkehr steigt. Angeblich geht jeder vierte Unfall auf Allergiesymptome zurück. Schon die allgemeine Verfassung durch Müdigkeit und dieses 'wie-in-Watte-getaucht-durchs-Leben-gehen' haben Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit. Die Konzentration leidet. Kommen dann akute Symptome wie tränende Augen und laufende Nasen dazu, steigert sich die Ablenkung vom Straßenverkehr immer mehr. Richtig gefährlich wird die Fahrt bei allergisch bedingten Niesanfällen.
Die Fahrt wird zum Blindflug.
Motorradfahrerinnen und -fahrer sind besonders gefährdet. Sie oder er sind viel ungeschützter den fliegenden Pollen ausgesetzt. Niesreflex lässt sich nicht kontrollieren und der Niesanfall sich deshalb auch nicht der jeweiligen Fahrsituation anpassen. Während des Niesens schließen sich die Augen, der Kopf bewegt sich ruckartig – es ist wie kleiner Blackout. Das Motorrad ist für eine kurze Zeit ohne Einfluss seiner Fahrerin unterwegs. Das heißt im Klartext: Bei einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern legt das Bike lange 25 Meter unkontrolliert fort.
Wie ich mich speziell beim Motorradfahren schützen kann
Der wichtigste Schutz ist Wissen. Jede Allergikerin sollte informiert sein, worauf sie allergisch ist. Tests beim Arzt geben Aufschluss darüber. Pollenflugkalender zeigen an, wann ungefähr die Krankheitsauflöser durch die Luft fliegen, um schon im Vorhinein sich auf die Beeinträchtigung einstellen zu können. In Zeitungen, im Rundfunk und auf den Wetterportalen im Internet kann kurz vor der Ausfahrt nachgeschaut werden, wo gerade welche Pollenkonzentration am höchsten ist. Wer sich gern von seinem Smartphone leiten lässt, kann sich eine der gängigen Apps wie 'Pollen Pro', 'Pollen Check' oder 'Pollenradar' kostenlos oder gegen ein paar Euros herunterladen. Viele der Apps informieren auch zusätzlich über weitere Umweltbelastungen wie erhöhte UV-Strahlung, Ozonbelastung und Feinstaubkonzentrationen.
Auf dem Motorradmarkt gibt es sehr wenig, was bei der Ausfahrt für Schutz unter dem Helm sorgt. Extra Pollenfilter für die Kopfschützer sind keine im Handel zu finden. Auf einer Website ist zwar ein Filter für den Shark Race-R/Pro angezeigt, aber ohne Preis. Derzeit nicht lieferbar.
Für zwölf Euro bietet Windmask die Sturmhaube M1 (95 % Baumwolle, 5 % Spandex) mit integriertem Pollen- und Staubfilter vor Nase und Mund. Die Sturmhaube ist in vielen Farben wie Schwarz, Grau, Cyan oder Orange, aber auch ein paar gruseligen Designs wie Totenköpfen zu erhalten.
Doch schon mit einfachen Mitteln lässt sich die Allergiebelastung beim Motorradfahren einschränken. Mit heruntergeklapptem Visier fahren. Enganliegende Brillen helfen gegen lästiges Tränen der Augen. Beim Helmkauf auf herausnehmbare Innenfutter achten und diese regelmäßig waschen.
Der Besuch beim Arzt
Wer lange mit Allergien zu kämpfen hat, weiß, dass der Schutz aber lange vor den akuten Pollenzeiten beginnt. Eine Medikamentierung muss mit dem Arzt abgesprochen sein und die auf die Patientin zugeschnittene Methode gemeinsam gefunden werden.
- Augentropfen, Nasensprays, Gels sind Akutmittel, die lokal helfen. Doch nicht alle helfen allen. Jede/r muss meist durch Try-and-Error selbst herausfinden, was für welche Aktivitäten das geeignete Medikament ist.
- Asthmatiker immer Spray mitnehmen
- Calcium wirkt der Gefäßerweiterung entgegen, die die Histaminausschüttung verursacht. Einfache Brause- oder sonstige Tabletten sind einfach im Drogeriehandel zu bekommen und können Symptome lindern.
- Antihistaminika in Tablettenform sind schon lange auf dem Markt. Früher galten die Pillen als versteckte Schlaftabletten, sie machten müde und schränkten die Fahrtüchtigkeit stark ein. Die heutigen Generationen besitzen weniger Nebenwirkungen, doch ohne ärztlichen Rat und genauem Studium der Beipackzettel ist eine Einnahme nicht empfehlenswert. Sinnvoll ist auf jeden Fall, die Tabletten abends vor dem Schlafgehen einzunehmen, damit die Wirkzeit auf den Tag fällt. Oft empfiehlt sich es sich, schon Wochen vor der Pollenflugphase mit den Medikamenten zu beginnen.
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Alternativmethod
en brauchen ebenfalls eine Vorlaufzeit. Viele Therapien haben sich in Untersuchen als nicht wirksam erwiesen, sie können auch Fehldiagnosen erstellen, die Allergikerinnen verunsichern oder sie Dinge vermeiden lassen, auf die sich überhaupt nicht reagieren. Als wirkungsvoll gilt laut vielen, auch evidenzbasierten Untersuchungen, Akupunktur. Wie viele Behandlungen ausreichen, da gehen die Meinungen auseinander. Acht bis zwölf scheint eine Zahl zu sein, nach der Allergikerinnen einen Rückgang der Symptome wahrnehmen. Es gibt außerdem kleine Dauerstecker, die in die Akupunkturpunkte im Ohr 'geschossen' werden und dort durch Minihäckchen ein bis zwei Wochen stecken bleiben.
- Hyposensibilisierungen wurden in den letzten Jahren weiterentwickelt. Heute muss nicht mehr über Jahre hinweg eine Spritzentortur überstanden werden, sublingual heißt, dass kleine Pellets mit gering dosierten Allergen unter die Zunge gelegt wird. Wer sehr leidet, sollte auf jeden Fall mit dem Allergologen über diese Therapie sprechen. Sonst droht eventuell ein Etagenwechsel, das heißt die Allergie wandert von den oberen Atemwegen (Nase) zu den untern Atemwegen (Bronchien). Asthma ist die Folge.
Fazit: Werden Sie Expertin für Ihre Allergien, dann wird die Ausfahrt mit dem Motorrad eine kontrollierte Tour. Informieren Sie sich durch Bücher, Internet und Arztbesuche und finden Sie für sich die Methoden und Therapien, die Ihnen helfen. Sorgen Sie für Ausgeglichenheit im Alltag, den Allergien sind abhängig von Stress und Belastungen.
Allgemeine Tipps für Allergikerinnen
- Nach Aufenthalten im Freien vor dem Zubettgehen Haare waschen
- Keine Straßenkleidung im Schlafzimmer
- Wäsche nicht im Freien trocknen
- Auf dem Land ist morgens die Pollenkonzentration hoch, in der Stadt abends, deshalb in ländlichen Gegenden abends Wohnung lüften, in der Stadt frühmorgens
- den Urlaub auf Zeiten legen, in denen zuhause die Pollen fliegen undin allergiearme Gegenden wie Gebirge oder ans Meer reisen
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wer stark leidet, sollte sich beim Hausarzt und Facharzt um eine geeign
ete Reha bemühen
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